Routine oder Engagement?

Der „Orchestermusiker“…

 

Letzte Woche bin ich wieder im Orchester gesessen (für eine wunderbare Aufführung der h-moll-Messe von Bach) und habe mir meine Kollegen genauer angeschaut: ein überdurchschnittlich motiviertes und engagiertes Orchester – eine wahre Freude! Denn so kann und wird die Aufführung etwas besonderes, etwas, das das Publikum auch berührt und aus der Masse der Orchesterkonzerte heraus-stechen lässt.

Das ist also nicht immer so… ebenso gibt es viele, viele Berufsorchester, die – je nachdem, welcher Dirigent am Pult steht – sich in ihren Sesseln zurück lehnen und „Dienst schieben“, routiniert und gelangweilt ihre Arbeit verrichten und offensichtlich das Bier nach dem Konzert kaum erwarten können.

Warum also gibt es – so wie in jedem beruflichem Umfeld – die Frustrationen, den großen Abstieg vom hoch motivierten Studien-Abgänger zum abgestumpften Routinier, der permanent an der Grenze zum nicht mehr akzeptablen Output schrammt? Die Gründe kann man sehr gut mit der Metapher des Orchestermusikers aufzeigen – und ich kann sie als Orchestermusiker vollkommen nachvollziehen, allerdings habe ich das Privileg, dass ich nicht „gefangen“ bin in einem Dienstvertrag in einem Berufsorchester, sondern als freiberuflicher Musiker immer nur Projekte spiele.

Aus meiner Sicht gibt es vor allem vier Hauptpunkte, die zu nachhaltigem Frust führen:

  • zu wenig Erfolgserlebnisse
  • der persönliche Einsatz wird von der Führungskraft nicht gesehen
  • wir werden entweder zu wenig oder zu viel gefordert
  • die Verbindung zwischen Einsatz und dem Sinn fehlen

Besonders in der Musik, aber jeder Studierende egal welcher Studienrichtung, ist am Ende des Studiums entweder vom Inhalt begeistert oder stolz auf sich, das Studium erfolgreich abgeschlossen zu haben – und somit hoch motiviert, ins Arbeitsleben einzusteigen! Es ist also die Verantwortung der Führungskräfte und Kollegen, den jungen Menschen ihre Kraft nicht zu nehmen!

Die vier oben erwähnten Punkte – und wohl noch ein paar andere dazu – können und werden an der Arbeitsmoral der Mitarbeiter nagen, bis sie so weit sind, dass sie nur mehr noch exekutieren und mit einem minimalen Aufwand ihre Arbeit verrichten. Wann das soweit ist, hängt natürlich von den Persönlichkeiten ab, das kann schnell gehen, oder bei Kämpfern recht lange dauern, aber auch die können die Kollegen und Führungskräfte „knicken“ dafür gibt es genug Beispiele, sicher auch in Ihrem Umfeld.

Nachdem es aber nur bedingt die Aufgabe von Kollegen ist (natürlich ist es fein, wenn sie sich um ihre Mitarbeiter kümmern), die Arbeitsmoral und den Teamgeist möglichst hoch zu halten, oder sogar noch weiter zu entwickeln (mit Leadership-Development Projekten nach der Pratobello-Methode z.B.…;-)), liegt es an der Führungskraft, die ersten Anzeichen zu erkennen, bzw. für die Balance zu sorgen zwischen

  • Routine-Arbeit und Erfolgserlebnissen
  • „normaler“ Kommunikation und Lob und Anerkennung
  • zu wenig und zu viel fordern
  • dem großen geforderten Einsatz auch den nötigen Inhalt, Sinn und Verständnis zu geben, ohne zu verständnisvoll zu sein.

Schauen Sie sich also Ihre Mitarbeiter genau an, überlegen Sie, ob sie noch so aktiv und motiviert performen, wie Sie sich diese Person am Anfang Ihrer Karriere vorstellen, überlegen Sie, ob die Mitarbeiter ihren Raum haben, um sich auch in einem klaren Rahmen kreativ einbringen zu können, ob sie gefordert sind – idealerweise möglichst nah an der Grenze zum Überfordern, aber immer mit Pausen dazwischen! Und überlegen Sie, ob Ihre Mitarbeiter wirklich wissen, warum sie sich so einsetzen sollen – und da ist der reine wirtschaftliche Erfolg allein zu wenig! Auch wenn wir Musiker wirklich gut bezahlt werden, die Arbeit mit einem Dirigenten aber frustrierend und künstlerisch wenig lohnend, nehmen wir natürlich das viele Geld, stempeln das Projekt aber als „G’schäftl“ ab und schauen, dass wir schnell zum Bier kommen…!

Jeder Dirigent, jede Führungskraft muss seinen eigenen Weg finden, entweder jeden einzelnen Mitarbeiter zu „scannen“, oder die Stimmung im Team zu erkennen, um zu spüren, an welchen Schrauben Sie drehen müssen, um die Teamperformance zu steigern und die Innovationskraft zu erhöhen! Spielen Sie damit!

Das wünscht sich mit schwungvollen Grüßen,

Ihr

Florian Schönwiese