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„Come on! Feel it! Let it go!“

– Führung zwischen Einmischen und Vertrauen

Für viele Führungskräfte, Dirigenten, Eltern, Fussballtrainer, etc. stellt sich immer wieder aufs Neue die Frage: „Wie nah und wie aktiv muss ich meine Mitarbeiter, Kinder, Sportler, etc. führen? Wie viel Energie stecke ich in das Team – oder wie sehr vertraue ich ich darauf, dass sie als Spezialisten (ja, auch unsere Kinder sind Spezialisten!) wissen, was zu tun ist, wenn die Richtung klar ist?“

Ich erinnere mich sehr gut an eine beeindruckende Führungskraft, die während eines Pratobello-Workshops im Rahmen einer Führungskäfte-Ausbildung in Norwegen, genau in diesem Bereich immer wieder an ihre Grenzen stieß. Er war ein sehr erfolgreicher, gut ausgebildeter, charismatischer CEO eines internationalen Unternehmens, rhetorisch überzeugend, gesundes Selbstvertrauen, klare Vorstellungen – eine Art Prototyp eines erfolgreichen Managers.

Wie üblich in unseren Seminaren und Workshops hatte er überhaupt keine Erfahrung oder Hintergrund in klassischer Musik (keine Ahnung, ob er je in einem Konzert war…;-), konnte uns Musikern aber seine Vision des kurzen Musikstücks wunderbar vermitteln – ein schönes Bild, das für uns wunderbar zur Musik passte! Wir haben es kaum erwarten können, für ihn diese Vision als seine Spezialisten umzusetzen! Es war ein schönes, ruhiges Stück von J.S. Bach, er gab (im zweiten Anlauf) einen überzeugenden Einsatz und wir legten los. Dann allerdings…

… begann er uns durch dieses ruhige, getragene Stück zu pushen, zu treiben, kam uns immer näher und rief uns immer wieder auffordernde und als Motivation gedachte Dinge hinein, wie etwa: „Come on! Feel it!“ oder „Let it go!“. Wir wurden nach unserer anfänglichen Euphorie immer kleiner und kleiner, bis wir nach wenigen Minuten völlig aufhörten zu spielen – und verweigerten!

Er war naturgemäß verwundert! Er gab sein bestes, setzte alles ein, was er hatte, gab uns klare Vorgaben, motivierte uns, glaubte aus uns das beste zu holen und uns zu Höchstleistungen zu pushen – genau das Gegenteil war der Fall! Wir hatten keinen Raum mehr unsere Arbeit zu leisten!

In diesem Setting konnten wir ihm gut und schnell erklären was geschehen war, wir konnten ihm klar machen, dass es notwendig ist darauf zu vertrauen, dass wir Spezialisten unsere Arbeit gut machen werden! Es ist natürlich notwendig uns die Vision gut zu vermitteln und eine klare Richtung vorzugeben, aber umsetzen müssen wir sie!

Wir konnten mit ihm ausprobieren, wie viel Energie er ins Team hineingibt, wie viel er sich aber auch zurück lehnen kann und – konzentriert uns beobachtend und „mitfühlend“ – uns unsere Arbeit machen lassen kann. Und vor allem hatte er die Möglichkeit zu erleben, dass wir alle gemeinsam zu einer guten Performance kommen und er nicht – wie er anfänglich glaubte – die Arbeit alleine leisten muss.

Nach sehr kurzer Zeit schon lebte er die Balance zwischen den nötigen Inputs, Anregungen und fordernden Anstößen und dem genießenden Vertrauen in sein Team! Auch wenn er sich ein wenig zurück zog und uns den Raum gab, unser Können, unsere Erfahrung und unsere Kreativität einzubringen, war er immer „in Charge“ und konzentriert dabei. Und am Ende war er – ein tougher Manager – zu Tränen gerührt darüber, was wir gemeinsam geschafft haben!

Genau die selbe Situation hatte er – für uns ganz klar – in seinem Unternehmen: er engagierte die besten Leute, die anfangs hoch motiviert die klar gesetzten Aufgaben erfüllten. Er glaubte sie „eng und straff“ führen zu müssen, um aus ihnen ihr Potential und ihre Kräfte heraus zu holen, und nach einigen Monaten kündigten sie wieder… Intellektuell wusste er um sein Problem, hatte aber noch nie erlebt, wie sich die richtige Balance anfühlt!

Wir Mitarbeiter wollen klare Vorgaben, wir wollen – und müssen – gefordert werden. Wir wollen uns auch beweisen und zeigen, dass wir zurecht als „die besten“ engagiert wurden und wir wollen und brauchen auch immer wieder neue Impulse (und übrigens auch Überraschungen!), aber wir brauchen auch den Raum, unser Können zu zeigen und unsere Kreativität einzubringen! Denn nur wenn wir das Umfeld bereitet bekommen, unser Können, Erfahrung und Kreativität aktiv einzubringen, werden wir uns freudig für die Visionen unserer Führungskräfte einsetzen – bis zur Erschöpfung! … und dann feiern gehen!

Geben Sie uns klare Vorgaben und beobachten Sie uns konzentriert, so können wir gemeinsam Großes erreichen!

Das wünscht sich mit schwungvollen Grüßen,

Ihr

Florian Schönwiese

 

PS: ein schönes Video zu diesem Thema aus „unserer“ Welt!